Als ich im Februar meinen langen Zivildiensteinsatz bei der Eidgenössischen Jugendsession begonnen habe, war mir nicht wirklich klar, was mich erwartet. Klar, der Jugend die Politik etwas näher bringen kann ja nicht schaden dachte ich mir und zudem, Eidgenössische Jugendsession im Bundeshaus, das klingt doch ziemlich seriös. Jedes Jahr erhalten so 200 Jugendliche aus der ganzen Schweiz die Gelegenheit, mit Gleichaltrigen politische Themen zu diskutieren und Forderungen zu stellen. Organisiert wird das Projekt von der SAJV, der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände oder Schweizerischen Arbeitsverband der Jugendgemeinschaften, müsste ich nochmal auf der Webseite nachschauen um ganz sicher zu sein.
Wie dem auch sei, das Projektteam der Jugendsession besteht aus zweieinhalb Personen, plus einem Zivildienstleistenden. Naja, bestünde, denn zwei Wochen nach Beginn meines Einsatzes hatte meine Vorgesetzte bereits genug und verdrückte sich in die Weiten Kirgistans. Übrig blieben Giona, der Projektleiter ad interim, die Hälfte von Lauriane, Responsable Fundraising & Commucation der SAJV, und ich. Nun ging es daran, Sitzungszimmer zu organisieren, Sponsoringanfragen zu verschicken, die Arbeit mit den Freiwilligen zu koordinieren, die Social-Media-Kanäle zu betreuen, Themendossiers zu verfassen und Parlamentarier*innen einzuladen. Unsere Basis befand sich mitten in Bern im schönen Matte-Quartier und erstreckte sich über vier Stockwerke, inklusive grosse Terrasse. Morgens Fussmarsch der Aare entlang und nachmittags herumtelefonieren in der Sonne, genauso hatte ich mir das vorgestellt. Wir kamen zügig voran, die Jugendsession, geplant für November, rückte nur langsam näher und die Chefin immer noch weg, also alles im grünen Bereich.
Mitte Sommer mussten wir jedoch von unserem Zuhause in der Matte Abschied nehmen und zügelten ins Liebefeld, bei Bern und nicht in Bern, besserer Steuersatz vermute ich, Wollerau wäre leider etwas weit gewesen. Für mich ein Schicksalsschlag, hatte ich mir doch nach vier Jahren Gymnasium in Köniz geschworen, das Coop Steinhölzli mit seinem Schnitzelbrot in Zukunft zu meiden. Egal, der Mensch, wir Zivis sind hier keine Ausnahme, passt sich seinen Umständen an. Nach der Sommerpause war auch die Chefin zurück und uns wurde bewusst, dass es doch noch einige Dinge zu tun gab. Trotzdem kehrte im Projektteam nie Hektik ein und auch Tage vor der Session konnte man die Ruhe vor dem Sturm förmlich spüren. Denn, wir waren nicht nur cool, sondern auch einfach gut vorbereitet. So lief die Jugendsession Anfang November bis auf einige kleinere Zwischenfälle ohne Probleme ab. Die Jugend hatte den Nationalratssaal einmal mehr fest im Griff, bestärkt auch durch die aktuelle Stimmung in der Politik und auf der Strasse. Für uns galt es, stark benötigten Schlaf nachzuholen und sobald möglich mit der Auswertung zu beginnen, damit sich die Jugendsession den Bedürfnissen der Jugend anpassen kann. Denn nach der Session ist vor der Session.
Wenn ich zurückdenke und das Jahr Revue passieren lasse, wird mit bewusst, dass ich unglaubliches Glück hatte, meinen Einsatz hier absolvieren zu können. Ich habe nicht nur fast den ganzen Jahreszyklus mitgekriegt, sondern konnte in den meisten Bereichen auch aktiv mitwirken. Das ist nicht selbstverständlich und dem grossen Vertrauen des wirklich tollen Projektteams zu verdanken. Ich konnte dadurch viel Praktisches erlernen und erhielt Einblick in einen Bereich, den ich im Alltag vorher höchstens zufällig betreten habe. Die Jugendsession ist vom Konzept zwar einzigartig, jedoch nur eines von vielen Projekten, das sich der politischen Bildung von Jugendlichen verschrieben hat. Und auch politische Bildung ist nur eine von vielen Möglichkeiten, Jugendliche in der Schweiz aktiv zu fördern und fordern. Ich hatte zwar schon von den Pfadfindern gehört, jugendliches Engagement selbst aber nur im Rahmen des Sponsorenlaufs meines Fussballklubs erlebt. Es ist eine Welt, die mich stark beeindruckt hat und in der die SAJV eine wichtige Schlüsselrolle spielt und die Interessen der Jugend auf professionelle Weise vertritt.
Trotzdem bleibt sie ein Jugendverband mit seinem ganzen Charme: flexible Arbeitszeiten, heiteres Geschwafel und Badehose im Büro sind da noch ziemlich bescheidene Beispiele. Alle haben ihren Platz und sind willkommen, die SAJV selbst mitzugestalten. Für diese Offenheit möchte ich mich bei der gesamten Geschäftsstelle und speziell bei Corinne und Giona ganz herzlich bedanken. Stay schön!